Schläfst du schon, oder schraubst du noch?
Gar nicht lange her, da ist mir eine dumme Sache widerfahren.
Fing damit an, dass mir der Sinn nach einem neuen Bett stand. Groß und bequem
sollte es sein. Nicht mehr dieses Lattengestell aus Zeiten, als wir noch Schlaghosen trugen.

Erste Anlaufstelle ist stets dieses schwedische Möbelhaus. Eines immer in deiner Nähe. Hier war es das in der Rudi Völler-Stadt.
Jedenfalls hatten die da ein gefälliges Modell im King Size-Format. Keine Ahnung, wie das Ding hieß. Wasa Mjölk-Bett oder so.

Also machte ich mich auf den Weg und schoss die Beute in dem Laden.
Übliches Spiel: Wuchtest das Biest auf den Hackenporsche und tingelst zum Wagen.
Anschließend stehst du zusammen mit anderen Möbel-Waidmännern im Parkhaus und
versuchst fluchend das sperrige Unding in den Ladeschlund deiner Benzinkutsche zu drücken.

Ging natürlich nicht. Manche Männer kennen das Problem, wenn die entscheidenden Zentimeter wieder fehlen.
Ok, klingt jetzt irgendwie zweideutig, meine aber selbstverständlich die Kofferraumluke.
Wie auch immer - unter Abwurf der Umverpackung konnte ich die erlegten
Innereien erfolgreich verstauen und den Weg zur heimischen Höhle antreten.
Dort angekommen, ging es sogleich an die Errichtung der neuen Schlafstätte.
Schien mir keine sonderliche Herausforderung an einen talentierten Heimwerker. Also mich.
Nach eingehendem Studium der Anleitung stand dem Aufbau nichts mehr im Wege und so begann das Produkt alsbald Formen anzunehmen.

Unzählige Flüche später war das Werk vollendet und erstrahlte in voller Pracht. Eigentlich ein herzerwärmender Moment. Eigentlich. Wäre das Ergebnis nach meinen Vorstellungen gewesen.
War es aber nicht, weil zum Liegen völlig ungeeignet. Also, der Schuhschrank.
Nicht, dass ich etwas gegen Schuhschränke hätte, pflege ein harmonisches Verhältnis zu diesen, aber irgendwie hätte das Ergebnis ein anderes sein sollen.

„Kein Grund zur Verzweiflung“, sagte ich mir, „die Jungs von der Inbusfront werden das wieder gerade bügeln.“
Stieg also in meinen fahrenden Wertstoffhof und suchte erneut die skandinavische Holzwurmbehausung auf.

An der Reklamationssammelstelle ein strohblonder Jungspund mit Harry Potter-Brille hinter der Theke. Ziemlich aufgeweckt und engagiert. Hörte sich mein Anliegen aufmerksam an.
„Nicht ihr Ernst??“
Leider völlig ohne diesen lustigen Schwedenakzent und schaute mich dabei an, als hätte ich ihm gerade berichtet, der erste gebärende Mann zu sein.
„Doch. Falscher Leitfaden. Klare Sache.“
Zur Beweisuntermauerung wurden einige Aufnahmen von mir präsentiert, die ich zuvor vorsichtshalber mit dem Handy geschossen hatte.
„Ja, aber wie konnten sie das dann mit dem Material..?“
„Vorstellungskraft und Kreativität.“
Kopfschüttelnd verschwand er hinter der Theke und tauchte einige Minuten später mit einer Aufbauanleitung an, die er mir übergab. Immer noch kopfschüttelnd. Dabei murmelte er etwas von einem hauseigenen Kuriositätenmuseum.
Ich bedankte mich höflich und trat die Rückreise an.

Zu Hause angekommen, ging es frisch ans Werk. Zunächst die Demontage, dann erneuter Aufbau.
Wiederum unter Einsatz handelsüblicher Flüche und oraler Zufuhr von kühlem Hopfenblütentee.
Am Ende stand das Bett. Wirklich.
Ein doppelstöckiges. Wie diese in den Jugendherbergen.
Ganz und gar nicht nach meinen Vorstellungen.
Schlafzimmer mit Kasernencharakter will doch kein Mensch.

Naja, die Sache hatte dann doch noch ein zufriedenstellendes Ende.
Auf meinen Reisen durch das Netz der unbegrenzten Möglichkeiten fand ich eine Seite mit Menschen in ähnlichen Notlagen. Allesamt Opfer fehlerhafter Aufbauanleitungen. Von der Gesellschaft geächtet und belächelt. In ihrer Verzweiflung haben diese eine Tauschbörse eingerichtet. Dort wurde ich fündig. Bei einer freundlichen Dame, die einen Garderobenständer erworben hatte und nach der Montage ein King Size-Bett vorfand. Taugt zwar als Kleiderablage, macht den Flur aber unbegehbar. Sie zeigte sich erfreut über das Tauschangebot, konnte sie doch deutlichen Raumgewinn verbuchen.

Wie auch immer – Anleitungen traue ich nicht mehr über den Weg.
Echt jetzt.

© by P.H.