Montag, 3. Januar 2011
Blaue Pillen
Heute ist Sonntag.
Tatsächlich, der Briefkasten öffnet weit seinen Rachen und streckt mir nicht, wie üblich, eine bunte Zunge mit allerlei Werbeprospekten entgegen.

Sonntag bleibt der Briefkasten spambefreite Zone. Also, der vor der Haustür, nicht der elektronische. Der hat nie Pause. Wieder einmal rattert das Mailprogramm fröhlich vor sich hin und präsentiert mir stolz den prallgefüllten Posteingang.

Eine "Frau Dr. Marianne Seifert" beschenkt mich mit frohen Grüßen. Kein "Hallo" oder "wunderschönen, guten Morgen", sondern: "Haben Sie im Bett Probleme, ihre Ehefrau zu befriedigen?"
Nun, das ist jetzt nicht unbedingt die Frage, die ich mir üblicherweise zu Tagesbeginn stelle. Wenn ich es mir recht überlege, taucht dieser Punkt so gar nicht in meiner Agenda auf.
Ich beschließe, ein glücklicher Mensch zu sein, dass mir derartige Probleme nicht auf den Nägeln brennen.

Auf ihrer Webseite, so schreibt sie, gäbe es nun "original blaue Pillen".
Ich habe unzählige Male Matrix gesehen. Da wird Neo vor die Wahl gestellt, ob er die blaue oder rote Pille nehmen wolle. Er enscheidet sich für die rote und erfährt die grausame Wahrheit. Mit Einnahme der blauen Pille wäre er unwissend geblieben.

So weit so gut, aber was hat Frau Dr. Marianne Seifert mit der Matrix zu tun und warum sollte ich die blaue Pille erwerben, wenn sie mich doch in meinem stumpfen Dasein belässt?

Im nächsten Schreiben wird es konkreter. Eine "Frau Dr. Dr. Susanne Graf" schreibt da: "Die Macht des steifen Schwanzes ist dadurch 3-5 mal haerter, unsere alles fuer Sie als Mann verbessern deutlich die sexuelle Staerke, Energie und die Sperma-Anzahl."

Irgendwie fühle ich mich geschmeichelt, dass solche medizinische Hochkaräter mir all ihre geballte Kompetenz zur Verfügung stellen, aber eigentlich sehe ich keinen Bedarf für mich auf diesem Feld. Naja, farbige Pillen hat sie offensichtlich nicht im Angebot - schade.

Während ich nun also noch meinen Gedanken nachhänge, höre ich einen Schlüssel im Schloss der Zimmertür drehen. Schwester Maria tritt in den Raum, fröhlich lächelnd, wie immer. In der Hand ein blaue Pille. "Soo, jetzt öffnen wir brav den Mund." Gehorsam leiste ich dem Folge und nehme einen ordentlichen Schluck Wasser aus der Flasche dazu.
Das Leben kann so einfach sein...

© by P.H.



Spiel mir das Lied vom Tod
Den Herrn Bronson kennt ihr sicher.
Lebt leider nicht mehr. War ein ziemlich musikalischer Mensch.
Der hat mal in einem Film mitgespielt, wo er ständig auf einer Mundharmonika gespielt hat. Ist jetzt aber nicht das Thema.

In dem Film hat der Herr Bronson aber einen Satz gesagt, der zu meinen Lieblingssätzen gehört: "Irgendeiner wartet immer."

Irgendwie cool und echt tiefsinnig.
Naja, stimmt doch.
Du wartest auf den 1. des Monats.
Du wartest, dass sie endlich fertig ist mit dem Erotikkram.
Du wartest, bis sich die Seiten bei single-de-äh aufgebaut haben.
Du wartest auf den Feierabend und dann bis das Pils fertig gezapft ist.
Ja, der Herr Bronson war irgendwie ein Philosoph.

Übrigens, kennt ihr den Herrn Schwarzenegger ?
Der ist eigentlich Österreicher, hatte aber keine Lust mehr auf Kaiserschmarrn. Da hat er dann jede Menge Eiweiß und andere Sachen gefuttert von denen man mächtig Muckis bekommt.

Das hat den Amis so gut gefallen, dass sie ihm einen Job in Kalifornien gegeben haben. Ist auch besser als Österreich. Zwar weniger Berge, aber wärmer.

Hätte ich beinahe vergessen - der Herr Schwarzenegger hat auch Filme gemacht. Meistens Muckifilme. Also nichts mit der Förster im Silberwald oder so.
Der hat gegen echt fiese Monster gekämpft. Nein, nicht die vom Finanzamt, sondern Außerirdische. Nein, nicht die von Neun Live - echte Monster.

Jedenfalls hat er da auch mal was echt Kluges gesagt: "Wenn es blutet, kann man es töten."
Hammer, gell ?

Auch gut - der Herr Stallone. Kennt ihr bestimmt.
Der hat früher mal geboxt. Gegen Schweinehälften und so.
Dann hat er alleine gegen alle gekämpft. Das kann er echt prima.
Einmal fragte ihn jemand in einem Film, was er da für einen Gegenstand hätte:
"Das ist blaues Licht."
"Was macht es?"
"Es leuchtet blau."
"Verstehe..."

Genial, nicht wahr ?

© by P.H.



Entschleunigung
Der Wind weht durch die offene Halle des Bahnhofes. Fröstelnd vergräbt er die Hände in den Taschen des Mantels und lässt den Blick schweifen.
Einzelne Reisende bevölkern die Bahnsteige.
Welche Geschichte wohl jeder von ihnen zu erzählen hätte?
Der Student mit einem Koffer voller Kleidung, die die heimische Waschmaschine am Wochenende bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit strapazieren wird.
Die junge Frau auf dem Weg zu ihrem Freund, den es berufsbedingt an einen fernen Ort verschlagen haben mag.
Das Paar, das die letzten Minuten vor dem drohenden Abschied, wehmütig ineinander versunken, dem baldigen Wiedersehen entgegenfiebert.

Schnarrend plärren Durchsagen durch die Halle.
Stählerne Ungetüme fahren ein und spücken Menschen aus.
Menschen, die geschäftig Ziele ansteuern.
Menschen werden wiederum von öffnenden Türen verschluckt.

Wie kostbar der Gedanke an Zeit.
"Nein, ich nehme eine andere Linie."
"Vielleicht auch nicht."
"Ach, ich bleibe einfach hier."

Entschleunigung in einer beschleunigten Zeit.

Henry Ford sagte mal:
"Der größte Feind der Qualität ist die Eile."

Wenn er auch an Tin Lizzy dachte, die Zeit kann es gleichermaßen für sich in Anspruch nehmen.

© by P.H.