Ölkrise, Blaufrau und Heizdecke
Es ist kalt. Saukalt. Klar, liegt am Wetter. Eis, Schnee und all dieser frostige Kram.
Das ist aber nicht das Problem. Das Problem ist die Heizung. Die sollte eigentlich wohlige Wärme in den heimischen Wänden verbreiten.
Tut sie aber nicht. Ist kalt wie ein Messingtoilettensitz in der sibirischen Tundra.
Nullinie im Heizkessel würde der Fachmann diagnostizieren.
Nicht, dass ich da hilflos wäre. Nein, alles gecheckt.
Sicherung, Kessel und Brennkammer erscheinen aber im Normalzustand.
Ein Mann muss seine Grenzen erkennen und so greife ich zum Telefonhörer.
Der nächstgelegene Fachbetrieb für Heizung und Sanitär.
"Ja, wir schicken Ihnen einen Techniker hinaus. Wird innerhalb der nächsten Stunde eintreffen."
Sicherheitshalber nehme ich die Handtücher von den Radiatoren und stelle sie an die Wand.
Die Dinger haben faszinierende Formen angenommen. Geschwungene Rundungen in Form der Heizungsrippen.
Ich denke über einen neuen Markt für Kunstobjekte nach als es an der Tür klingelt.
"Dünnes Auftragsbuch, dass die so schnell hier aufschlagen", denke ich.
Der Techniker ist eine Technikerin und verboten nett anzuschauen.
Lange, dunkle Haare rahmen ein hübsches Gesicht und mit dem perfekt sitzenden Blaumann könnte sie problemlos die Laufstege in den großen Modemetropolen aufmischen.
Neue Kollektion von Lagerfeld. Bussines Basic Line oder so.
Ich beschließe die Firma in mein persönliches Adressbuch aufzunehmen.
"Sie haben ein Problem mit ihrer Heizung?"
"Ja, die will nicht mehr. Winterschlaf."
Die Lady grinst und fragt nach den Räumlichkeiten.
Wie sie vor mir im Wiegeschritt die Treppe hinuntergeht bedaure ich, dass der Keller nicht deutlich tiefer liegt.
Stramm und prall, ein visuelles Galadinner.
Frau Heizung inspiziert die Lokalitäten und macht sich an die Arbeit.
Rotlackierte Fingernägel auf Kupferrohren - das hat etwas.
So gerne ich dem auch beiwohnen würde, es stehen noch Aufgaben an.
Die Mattscheiben der Fernsehgeräte warten auf Enteisung.
Seufzend steige ich wieder in die Kühlkammer hinauf und gehe meinen Tätigkeiten nach.
Nur wenige Minuten sind vergangen als die Technikerin plötzlich in der Tür steht.
"Tjaa, das war einfach."
Sie grinst breit.
"Wie meinen Sie das?"
"Kein Sprit mehr im Tank. Leergefahren. Private Ölkrise."
Ich hoffe, dass sie die von peinlichem Scham induzierte, krebsrote Färbung meines Gesichtes nicht bemerkt.
"Äh...dann werde ich wohl einen Tankwagen bestellen müssen. Mist auch, das kann dauern."
Sie lächelt.
"Hm..ich hätte eine Heizdecke..."
Gerade schießen Assoziationen an Butterfahrten mit Heizdeckenverkauf durch den Kopf als sie anfügt:
"...und bald Feierabend"
Mein überraschter Blick amüsiert sie.
"Du sorgst für Essen und Getränke, ich für die Wärme."
"Wir haben einen Deal", verkünde ich grinsend.
Der folgende Abend ist ein alles andere als ein frostiges Ereignis.
Das mit der Technik beherrscht sie. Also, nicht nur Heizung.
Keine Ahnung, ob das in der Ausbildung gelehrt wird.
Jedenfalls, kalt war mir zu keinem Zeitpunkt.
Ich glaube mittlerweile, dass Heizungen im Allgemeinen ziemlich überschätzt werden.
Echt jetzt.
© by P.H
dunkelgrell am 27. Januar 11
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