Sonntag, 12. Dezember 2010
Tabulos
"Du, ich bin vollkommen tabulos. Mache alles was Du willst. Mag es, benutzt zu werden."
Dabei blickt sie mich unter ihren angeklebten Wimpern verführerisch an.
Ihr Make-up bildet eine dicke, glänzende Schicht auf dem Gesicht und erinnert mich an ein van Gogh-Gemälde.
Vermutlich im rauschartigen Zustand direkt aus der Tube aufgetragen.
Mir liegt die Frage auf der Zunge, ob sie bei der Sprengung von Faber-Castell zu dicht bei der Detonation stand.

"Echt ? So wirklich alles?"
Sie nickt heftig mit dem Kopf.
"Ok, würdest Du mir von Dir erzählen? Also, Deine Gedanken, Träume, Ziele und Wünsche."
Empört sieht sie mich an. Ihre Kinnlade klappt bodenwärts und im nächsten Moment spüre ich ein Brennen auf der Wange.
>Patsch<
Sauber erwischt hat sie mich. Den Abdruck der fünf Finger wird man noch minutenlang bestaunen können.
"Du Perversling", zischt sie zwischen ihren Zähnen hervor.

Wutschnaubend wirft sie ihre Jacke über und stürmt zum Ausgang.
Ich wage gar nicht daran zu denken, was die anwesenden Gäste in diesem Moment über mich denken mögen.
Mit dunkler Sonnenbrille und tief ins Gesicht gezogener Cap schleiche ich mich kurze Zeit später ebenfalls aus der Lokalität.

Kein Wattepusten, das Leben als verkommenes Subjekt.
Echt jetzt.

© by P.H.